News:

Restitution eines Skizzenbuches von Max Liebermann

1998
1970
1945
AKD 5 June 2023
Einvernehmliche Einigung der Akademie der Künste und der Erbinnen von Max und Martha Liebermann auf Rückübertragung eines Werkes

Max Liebermann, Skizzenbuch mit Zeichnungen von Gartenlokalen am Wannsee, 1930-1933, Kreide und Bleistift auf Papier, 12,5 x 18 cm, Akademie der Künste, Berlin, Kunstsammlung KS-Zeichnungen HZ 4197 © Akademie der Künste, Berlin.

Ein Skizzenbuch von Max Liebermann (1847–1935) aus der Kunstsammlung der Akademie der Künste mit Zeichnungen von Gartenlokalen am Wannsee wird am 5. Juni 2023 an die Nachfahrinnen des Künstlers restituiert. Ihrem freundlichen Entgegenkommen ist es zu verdanken, dass das Skizzenbuch im Anschluss gegen Zahlung einer Entschädigungssumme wiedererworben werden kann. 

Bei Provenienzrecherchen in der Kunstsammlung wurde entdeckt, dass der Innendeckel des Skizzenbuches einen Nachlassstempel mit der faksimilierten Unterschrift Max Liebermanns enthält. Es wurde 2005 auf einer Versteigerung eines Münchener Auktionshauses erworben. Nach Liebermanns Tod am 8. Februar 1935 versah seine Witwe Martha Liebermann alle nicht signierten Werke des Künstlers mit diesem Stempel. Das Skizzenbuch, das auf Anfang der 1930er-Jahre datiert wird, befand sich somit nachweislich im Jahr 1935 bei Martha Liebermann. 

Die Akademie der Künste fühlt sich in besonderem Maße dem Erbe Max Liebermanns verbunden. Als Präsident der Preußischen Akademie der Künste zu Berlin öffnete er nach 1920 die Institution für die Moderne und machte sie zu einer wichtigen Stimme für Kunst und Kultur in der Weimarer Republik. Diese politische Ausrichtung wirkt bis heute nach. 

Die Preußische Akademie der Künste ließ sich 1933 ohne nennenswerte Gegenwehr von den Nationalsozialisten gleichschalten. Liebermann sah sich ein halbes Jahr nach seiner Ernennung zum Ehrenpräsidenten genötigt, im Mai 1933 öffentlich seinen Austritt zu erklären und so dem Ausschluss zuvorzukommen. Die Witwe Martha Liebermann zog im Herbst 1935 aus dem Haus am Pariser Platz in eine Wohnung in der heutigen Hiroshimastraße im Ortsteil Tiergarten und war gezwungen, ihr gesamtes Vermögen abzugeben. Ihre Tochter emigrierte 1938 mit ihrer Familie in die USA. Im Jahr 1943 sollte Martha in das Ghetto Theresienstadt deportiert werden und nahm sich kurz zuvor das Leben. Ihre Wohnung wurde 1943 von der Gestapo versiegelt und das Inventar mitsamt der Kunstsammlung auf Beschlagnahmelisten erfasst, darunter auch „3 Skizzenbücher“. 

Ob sich das vorliegende Skizzenbuch zu diesem Zeitpunkt noch in ihrem Eigentum befand, ist ungeklärt. Es ist jedoch davon auszugehen, dass Martha Liebermann es zwischen 1935 und 1943 unter dem Druck der nationalsozialistischen Verfolgung abgeben musste. Für die Akademie der Künste ist es wichtig, mit dieser Restitution einen Beitrag zur Anerkennung des damals entstandenen Unrechts zu leisten. 

Das Skizzenbuch stand bis zum 22. Januar 2023 im Mittelpunkt der Ausstellung „Spurensicherung. Die Geschichte(n) hinter den Werken“, in der sich das Archiv der Akademie in den Sälen am Pariser Platz den Themenfeldern der Provenienzforschung und der Institutionsgeschichte widmete.

Für Rückfragen: 

Werner Heegewaldt, Direktor des Archivs, Tel. 030 200 57-31 01, archivdirektion@adk.de

Doris Kachel, Provenienzforschung, Tel. 030 200 57-40 36, kachel@adk.de

English translation:

Mutual agreement between the Akademie der Künste and the heirs of Max and Martha Liebermann on the restitution of a work

Max Liebermann, Sketchbook with drawings of garden locales at Wannsee, 1930-1933, chalk and pencil on paper, 12.5 x 18 cm, Akademie der Künste, Berlin, Kunstsammlung KS-Zeichnungen HZ 4197 © Akademie der Künste, Berlin.

A sketchbook by Max Liebermann (1847-1935) from the art collection of the Akademie der Künste with drawings of garden locales at Wannsee will be restituted to the artist's descendants on June 5, 2023. Thanks to their kindness, the sketchbook can subsequently be reacquired against payment of a compensation sum.

During provenance research in the art collection, it was discovered that the inside cover of the sketchbook contains an estate stamp with Max Liebermann's facsimile signature. It was acquired in 2005 at an auction of a Munich auction house. After Liebermann's death on February 8, 1935, his widow Martha Liebermann put this stamp on all of the artist's unsigned works. The sketchbook, which is dated to the early 1930s, was thus demonstrably with Martha Liebermann in 1935.

The Akademie der Künste feels a special connection to the legacy of Max Liebermann. As president of the Prussian Academy of Arts in Berlin after 1920, he opened the institution to modernism and made it an important voice for art and culture in the Weimar Republic. This political orientation continues to have an impact today.

In 1933, the Prussian Academy of Arts allowed itself to be brought into line by the National Socialists without any significant opposition. Six months after his appointment as honorary president, Liebermann felt compelled to publicly declare his resignation in May 1933, thus avoiding expulsion. In the fall of 1935, the widow Martha Liebermann moved out of the house on Pariser Platz into an apartment in what is now Hiroshimastraße in the Tiergarten district and was forced to give up all her assets. Her daughter emigrated with her family to the USA in 1938. In 1943, Martha was to be deported to the Theresienstadt ghetto and took her own life shortly before. Her apartment was sealed by the Gestapo in 1943 and the inventory together with the art collection was recorded on confiscation lists, including "3 sketchbooks".

Whether the present sketchbook was still in her possession at that time is unclear. However, it can be assumed that Martha Liebermann had to hand it over between 1935 and 1943 under the pressure of National Socialist persecution. For the Akademie der Künste, it is important to make a contribution with this restitution to the recognition of the injustice that occurred at that time.

Until January 22, 2023, the sketchbook was the focus of the exhibition "Spurensicherung. The Story(s) Behind the Works," in which the archive of the Academy devoted itself to the subject areas of provenance research and institutional history in the halls at Pariser Platz.


adk.de/de/news/
© website copyright Central Registry 2024