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Restitution des Gemäldes "Prozession im Gebirge" von Adolf Hölzel (1853-1934)

1998
1970
1945
LifePR 29 June 2020

(English translation below)

Restitution einer Dauerleihgabe des Museums Wiesbaden an die Erben nach Ernst und Gertrud Flersheim 

Der Verein zur Förderung der bildenden Kunst in Wiesbaden e.V. restituierte Ende Mai 2020 das Gemälde „Prozession im Gebirge“ von Adolf Hölzel an die Erben der Frankfurter Familie Flersheim. Das Gemälde kam 1987 aus dem Nachlass von Hanna Bekker vom Rath (1893–1983) an das Museum Wiesbaden und ist seitdem als Dauerleihgabe im Bestand des Hessischen Landesmuseums. Bis zu seiner Überführung zu den Erben in die USA wird das Gemälde vom 30. Juni bis 30. August 2020 in der Gemäldegalerie des Museums präsentiert.

Seit 1987 befand sich das Hölzel-Gemälde als Dauerleihgabe des Vereins zur Förderung der bildenden Kunst in Wiesbaden e.V. im Museum Wiesbaden. Es gehörte zu dem Konvolut von 30 Werken aus dem Nachlass der Frankfurter Sammlerin Hanna Bekker vom Rath. Durch die 2005 eingestellte Suchmeldung der Erben der Familie Flersheim auf der vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste betriebenen Datenbank „Lost Art“ wurde die Zentrale Stelle für Provenienzforschung in Hessen auf das Gemälde aufmerksam. Gemeinsam mit dem Museum wurde dann geprüft, ob es sich bei dem in den Beständen des Museums befindlichen Hölzel-Bildes um das aus der Sammlung Flersheim handelte. Die Ergebnisse führten im Abgleich mit den Quellen der Erbenseite Ende Mai 2020 zur offiziellen Restitution des Bildes an die Erben von Ernst und Gertrud Flersheim.

„Der Verein zur Förderung der bildenden Kunst in Wiesbaden e.V. bekennt sich damit zu den Washingtoner Prinzipien von 1998, wonach unrechtmäßig während des Nationalsozialismus erworbenes Kulturgut identifiziert und mit den Erben eine gerechte und faire Lösung gefunden werden soll“, so Günter Högner, Vorstands-vorsitzender der Nassauischen Sparkasse sowie des Vereins zur Förderung der bildenden Kunst in Wiesbaden e.V.

„Das Museum Wiesbaden“, erläutert Dr. Andreas Henning, Direktor des Museums, „ist seit vielen Jahren sehr darum bemüht, sukzessive alle fraglichen Provenienzen – sowohl die des eigenen Bestandes als auch die von Dauerleihgaben – zu überprüfen, um nachweislich unrechtmäßig erworbene Werke an die Eigentümer zurückgeben zu können. Das Gemälde Adolf Hölzels an die Erben der Familie Flersheim zu restituieren, war für uns nicht nur eine selbst-verständliche Pflicht, sondern auch ein aufrichtiges Bedürfnis, denn damit wird ein kleines Stück Gerechtigkeit wieder hergestellt.“

Die Familie Flersheim und ihre Sammlung:

Die Familie Flersheim war in Frankfurt am Main bis in die NS-Zeit über mehrere Generationen hinweg ansässig. Ernst Flersheim (1862–1944) absolvierte seine Kaufmannslehre im Geschäft seines Vaters in der Frankfurter Töngesgasse. 1892 ging die Firma an die beiden Brüder Ernst und Martin Flersheim (1856–1935) über. Nach ihrer Heirat im Jahr 1892 lebten Ernst und Getrud Flersheim (geb. von Mayer, 1872–1944) mit ihren drei Kindern Hans (1893–1933), Edith (1895–1992) und Margarete (1904–1940) im Frankfurter Westend (Myliusstraße 32), wo sie eine bedeutende Bildersammlung vorwiegend deutscher Künstler des 19. und 20. Jahrhunderts aufbauten.

Die sich spätestens mit dem Machtantritt der Nationalsozialisten im Jahr 1933 stetig verstärkenden antisemitischen Repressionen zwangen die Familie 1936/37 zur Flucht aus Frankfurt in das vermeintlich sichere Ausland. Die beiden Töchter Edith und Margerete konnten 1936 nach London und Brüssel flüchten. Ernst und Gertrud Flersheim emigrierten 1937 nach Amsterdam. Nach dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht in die Niederlande im Mai 1940 wurden die beiden inhaftiert und später in das Konzentrationslager Bergen-Belsen deportiert, wo sie 1944 umkamen.

Im Zuge ihrer Emigration nach Amsterdam ließen sie im Mai 1937 wesentliche Teile ihrer Kunstsammlung bei dem Frankfurter Auktionshaus Hugo Helbing versteigern. Unter der Einlieferer-Nr. 3 („Nr. 3= Fl.“ = Flersheim) sind im Auktionskatalog insgesamt 39 Gemälde aufgeführt, darunter mit der Katalog-Nr. 32 auch das Gemälde „Prozession im Gebirge“ von Adolf Hölzel. Auf dieser Auktion ersteigerte Hanna Bekker vom Rath das Werk für 105,– RM.

Die Tochter Edith bemühte sich nach 1945 um Rückerstattung der Objekte aus der Kunstsammlung ihrer Eltern. Einige Gemälde in Privatsammlungen und öffentlichen Museen konnten ausfindig gemacht werden und es kam zu gütlichen Einigungen und Restitutionen. Der Verbleib des Hölzel-Gemäldes war dagegen lange unbekannt.

Hanna Bekker vom Rath:

Hanna Bekker stammt aus einer großbürgerlichen Frankfurter Familie. Die Sammlerin, Malerin, Mäzenin und Kunsthändlerin beschreibt selbst den Beginn ihrer Sammeltätigkeit mit dem Erwerb einer Christus-Figur aus Holz im Jahr 1910. Im Oktober 1916 war sie Privatschülerin bei der Malerin Ida Kerkovius (1879–1970) in Stuttgart. Kerkovius vermittelte ihr die Kunst Adolf Hölzels, der zu dieser Zeit Professor an der Stuttgarter Kunstakademie gewesen ist. Das Konvolut an Werken der Klassischen Moderne, das aus ihrem Besitz an den Verein zur Förderung der bildenden Kunst in Wiesbaden e.V. überging und sich seit 1987 als Dauerleihgabe im Museum Wiesbaden befindet, stellt einen wesentlichen und international beachteten Kernbestand des Museums dar.

English translation

Restitution of the painting "Procession in the Mountains" by Adolf Hölzel (1853-1934)

Restitution of a permanent loan from the Wiesbaden Museum to the heirs of Ernst and Gertrud Flersheim

The Association for the Promotion of Fine Arts in Wiesbaden restituted the painting "Procession in the Mountains" by Adolf Hölzel to the heirs of the Flersheim family of Frankfurt at the end of May 2020. The painting came from the estate of Hanna Bekker vom Rath (1893–1983) to the Museum Wiesbaden in 1987 and has been on permanent loan to the Hessisches Landesmuseum since then. Until its return to the heirs who are in the United States, the painting will be presented in the museum's picture gallery from June 30 to August 30, 2020.

Since 1987 the Hölzel painting has been on permanent loan from the Association for the Promotion of Fine Art in Wiesbaden in the Wiesbaden Museum. It was part of a bundle of 30 works from the estate of the Frankfurt collector Hanna Bekker vom Rath. The search for the heirs of the Flersheim family, which was discontinued in 2005, on the Lost Art database operated by the German Lost Art Foundation, brought the painting's attention to the Central Office for Provenance Research in Hesse. Together with the museum, it was then checked whether the Hölzel picture in the museum's holdings was from the Flersheim Collection. The results led to the official restitution of the picture to the heirs of Ernst and Gertrud Flersheim at the end of May 2020.

"The Association for the Promotion of Fine Arts in Wiesbaden is thus committed to the Washington Principles of 1998, according to which cultural property acquired illegally during the Nazis should be identified and a fair and just solution should be found with the heirs," said Günter Högner, chairman of the board of the Nassauische Sparkasse and the Association for the Promotion of Fine Arts in Wiesbaden eV
"The Wiesbaden Museum," explains Dr. Andreas Henning, director of the museum, “has been trying very hard for many years to successively check all the provenances in question - both those of our own holdings and those of permanent loans - in order to be able to return illegally acquired works to the owners. Restoring Adolf Hölzel's painting to the heirs of the Flersheim family was not only a matter of course for us, but also a sincere need, because it restores a little piece of justice. ”

The Flersheim family and their collection:
The Flersheim family lived in Frankfurt am Main for several generations until the Nazi era. Ernst Flersheim (1862-1944) completed his apprenticeship in his father's business in Frankfurt's Töngesgasse. In 1892 the company passed to the two brothers Ernst and Martin Flersheim (1856–1935). After their marriage in 1892, Ernst and Getrud Flersheim (born von Mayer, 1872–1944) lived with their three children Hans (1893–1933), Edith (1895–1992) and Margarete (1904–1940) in Frankfurt's Westend (Myliusstrasse 32), where they built up an important collection of pictures, mainly of German artists of the 19th and 20th centuries.

The increasing anti-Semitic repression, at the latest when the National Socialists came to power in 1933, forced the family to flee from Frankfurt to the supposedly safe other European countries in 1936/37. The two daughters Edith and Margerete were able to flee to London and Brussels in 1936. Ernst and Gertrud Flersheim emigrated to Amsterdam in 1937. After the German Wehrmacht invaded the Netherlands in May 1940, the two were arrested and later deported to the Bergen-Belsen concentration camp, where they died in 1944.

In the course of their emigration to Amsterdam, they had major parts of their art collection auctioned at the Frankfurt auction house Hugo Helbing in May 1937. As consignor no. 3 ("No. 3 = Fl." = Flersheim), a total of 39 paintings are listed in the auction catalogue, including as lot 32 the painting “Procession in the Mountains” by Adolf Hölzel. At this auction Hanna Bekker vom Rath bought the work for 105 RM.

After 1945, the daughter Edith tried to recover objects from her parents' art collection. Some paintings in private collections and public museums were found and amicable agreements and restitutions were reached. The whereabouts of the Hölzel painting, however, was unknown for a long time.

Hanna Bekker vom Rath:

Hanna Bekker came from a middle-class family in Frankfurt. A collector, painter, patron and art dealer she describes the beginning of her collecting activity with the purchase of a wooden figure of Christ in 1910. In October 1916 she was a private student with the painter Ida Kerkovius (1879-1970) in Stuttgart. Kerkovius taught her the art of Adolf Hölzel, who was a professor at the Stuttgart Art Academy at the time. The collection of works of classical modernism, which passed from her ownership to the Association for the Promotion of Fine Art in Wiesbaden and has been on permanent loan to the Wiesbaden Museum since 1987, represents an essential and internationally recognized core inventory of the museum.

 

https://www.lifepr.de/inaktiv/museum-wiesbaden/Restitution-des-Gemaeldes-Prozession-im-Gebirge-von-Adolf-Hoelzel-1853-1934/boxid/805044
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