Er floh 1933 als reicher Mann aus Berlin und starb 1950 in einfachen Verhältnissen: Der jüdische Bankier Hugo Simon überlebte den Holocaust in Brasilien, seine bedeutende Kunstsammlung konnte er nicht retten. Zwar gelang es ihm, einen Teil der Werke ins Ausland zu schaffen. Das Meiste aber musste er verkaufen, anderes wurde später von den Nationalsozialisten beschlagnahmt. Was genau mit der Sammlung von Hugo Simon passierte, das wollen seine Nachfahren nun in Kooperation mit dem Kunstgeschichtlichen Seminar der Universität Hamburg rekonstruieren. Es ist eines von insgesamt 25 Forschungsprojekten, die vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste in Magdeburg 2020 finanziell unterstützt werden.
Der Vorstand des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste hat auf Empfehlung seines Förderbeirates „NS-Raubgut“ in der ersten Antragsrunde 2020 (Antragsfrist: 1. Januar) rund 2,87 Millionen Euro für Provenienzforschung an Museen, Bibliotheken, wissenschaftlichen Einrichtungen sowie für vier Privatpersonen bewilligt.
Dabei hat die systematische Erforschung der Bestände weiterhin hohe Priorität: In insgesamt 17 Projekten überprüfen Museen und Bibliotheken ihre Bestände auf NS-Raubgut. Untersucht werden nicht nur Kunstobjekte und Bücher. So erforscht das Musikinstrumentenmuseum der Universität Leipzig die ursprüngliche Herkunft der historischen Musikinstrumente aus der privaten Sammlung Kaiser-Reka. Die musikalischen Artisten Paul Kaiser-Reka und sein Sohn Berol hatten viele außergewöhnliche Instrumente aus aller Welt zusammengetragen und in Varietéprogrammen vorgeführt.
Besonders erfreulich ist, dass sich auch vier Einrichtungen in privater Trägerschaft erfolgreich um eine Förderung beworben haben. So werden neben den Beständen des Jüdischen Museums Westfalen Dorsten, der Kunsthalle Emden und der Bibliothek im Archiv der sozialen Demokratie der Friedrich-Ebert-Stiftung Bonn erstmals die Bestände des Museums Synagoge Gröbzig auf ihre Provenienzen untersucht. Der Synagogenkomplex musste 1934 von der jüdischen Gemeinde an die Stadt Gröbzig übergeben werden, die in den Räumen ein Heimatmuseum einrichtete.
Seit 2008 fördern Bund und Länder Projekte zur Provenienzforschung im Bereich NS-Raubgut, bis heute mit insgesamt 34,7 Millionen Euro. Mit dem Geld konnten bislang 358 Projekte realisiert werden. National und international ist das Deutsche Zentrum Kulturgutverluste in Magdeburg der zentrale Ansprechpartner zu allen Fragen unrechtmäßig entzogenen Kulturgutes. Anträge für längerfristige Projekte können jeweils bis zum 1. Januar und 1. Juni eines Jahres eingereicht werden. Das Deutsche Zentrum Kulturgutverluste fördert nicht nur Forschungsprojekte, es dokumentiert darüber hinaus Kulturgutverluste auch in seiner öffentlich zugänglichen Datenbank „Lost Art“ als Such- und Fundmeldungen.
Übersicht der geförderten Projekte (PDF, 182 KB)
https://www.kulturgutverluste.de/Content/02_Aktuelles/DE/Pressemitteilungen/2020/2020-05-06_Foerderentscheidung-erste-Antragsrunde-NS-Raubgut.html