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Bleibt Raubkunst in Schweinfurt? - Looted Art in Schweinfurt?

1998
1970
1945
Main Post 17 December 2013
von Mathias Wiedemann

Der Fall Gurlitt befeuert die Diskussion um einige Bilder im Museum Georg Schäfer neu

Neu ist das Thema nicht, der Fall Gurlitt hat es aber neu befeuert: In der Sammlung Georg Schäfer befinden sich Bilder, die im NS-Staat durch Zwangsverkauf oder Beschlagnahmung ihren rechtmäßigen Besitzern entzogen wurden – Raubkunst also. 21 sollen es sein, so die Provenienzforscherin Monika Tatzkow jüngst in der „Süddeutschen Zeitung“. Tatzkow hatte bereits 2007 publiziert, dass sich in Schweinfurt Gemälde aus der Sammlung des in Auschwitz ermordeten Kunstsammlers Max Silberberg befinden.

Georg Schäfer (1896–1975), Mitinhaber des Wälzlagerherstellers FAG Kugelfischer, kaufte ab Mitte der 1950er Jahre deutsche Malerei und Grafik vor allem des 19. Jahrhunderts, oft in großen Chargen. 1998 haben seine Erben einen wesentlichen Teil der Sammlung – etwa 1000 Gemälde und 4000 Zeichnungen, Aquarelle und Gouachen – in die Sammlung-Dr.-Georg-Schäfer-Stiftung eingebracht, heute Bestand des 2000 eröffneten Museums Georg Schäfer. Bauherr und Eigentümer des Hauses ist der Freistaat, Betreiber die Stadt.

Alleinige Verfügungsgewalt über die Bilder hat die Stiftung. Rechtliche Ansprüche gibt es von keiner Seite, sagt Wolfgang Köster, der mit Fritz Schäfer, Sohn von Georg Schäfer, den Vorstand bildet: „Die Restitutionsfristen waren schon Anfang der 50er Jahre abgelaufen. Georg Schäfer hat im Kunsthandel gekauft, unter unverdächtigen Umständen. Er hat Preise bezahlt, die damals üblich waren. Er hat schon deswegen – egal, wie die Vergangenheit ist – mindestens gutgläubig Eigentum erworben, was nach den Regeln des Bürgerlichen Gesetzbuches anerkannt wird.“ Es sei deshalb nahezu ehrverletzend, den Sammler Georg Schäfer als Nazi-Profiteur darzustellen.

Die dieser Tage viel zitierte „Washingtoner Erklärung“ von 1998 ist eine – rechtlich nicht bindende – Selbstverpflichtung von 44 Unterzeichnerstaaten, Werke der Raubkunst zu identifizieren, Vorkriegseigentümer oder Erben ausfindig zu machen und eine „gerechte und faire Lösung“ zu finden. Sie richtet sich an öffentliche Museen, Archive und Bibliotheken, sozusagen als Rechtsnachfolger derer, die im NS-Staat institutionell sanktioniertes Unrecht begingen. Nicht an private Sammlungen.

Monika Tatzkow ist anderer Meinung. Sie sieht sowohl die – private – Stiftung als auch Stadt und Freistaat in der Pflicht. Ihre Liste liegt allerdings weder der Stiftung noch Museumsleiterin Sigrid Bertuleit vor. Tatzkow sei in jüngster Vergangenheit auch nicht vorstellig geworden, sagt Köster. „Zwischen 15 und 20 Arbeiten sind uns von Juristen genannt, mit denen wir Korrespondenz hatten. Aber daraus ist kein Rechtsstreit entstanden“, sagt Fritz Schäfer. „Wir sind in keinster Weise im Streit mit jemandem.“

Einen Problemfall gibt es: Das Liebermann-Gemälde „Martha Liebermann im Lehnstuhl“ hat die Gestapo 1943 nach Marthas Freitod beschlagnahmt. Es gilt damit als NS-verfolgungsbedingt „abhandengekommen“. Eigentümer sind deshalb vor dem Recht die Liebermann-Erben. Aber: Besitzerin bleibt die Stiftung, weil der Anspruch auf Herausgabe nach 30 Jahren verjährt ist.

Vor zweieinhalb Jahren habe die Stiftung dem Anwalt der Erben ein Vergleichsangebot unterbreitet, so Köster, aber nie Antwort erhalten. „Wir haben erst durch den SZ-Artikel die Bestätigung, dass er unseren Vorschlag überhaupt gelesen hat.“ Aus dem Artikel geht auch hervor, dass das Angebot inakzeptabel war. Stattdessen ein anderer Vorschlag: Das Bild wird herausgegeben, bleibt aber als Dauerleihgabe im Museum. Eine Lösung, die sich Köster und Schäfer – vorbehaltlich der Zustimmung des Kuratoriums – durchaus vorstellen können. Nur: Unterbreitet hat ihnen diesen Vorschlag noch niemand.

http://www.mainpost.de/regional/franken/Bleibt-Raubkunst-in-Schweinfurt;art1727,7852288
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