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Projekt zur Provenienzforschung im Bomann-Museum

1998
1970
1945
Celle Heute 13 April 2016

CELLE. Dr. Jochen Meiners, Direktor des Bomann-Museums Celle stellte heute gemeinsam mit Christopher Galler das seit sechs Wochen laufende Projekt zur Auffindung und Rückgabe von Raubkunstgütern aus der Zeit des Nationalsozialismus vor. Das vom Deutschen Zentrum für Kulturgutverluste mit 123.000 Euro geförderte Projekt ist zunächst für eine Laufzeit von zwei Jahren vorgesehen.


 

„Bereits jetzt kann man sagen, dass mit Sicherheit Objekte aus geraubtem Kulturgut im Bestand des Celler Bomann-Museums zu finden sind,“ stellte der Direktor des Museums fest. Christopher Galler, der das Provenienzforschungs-Projekt betreut, konnte durch die gute Quellenlage im Museum bereits den einen oder anderen Verdachtsfall zurückverfolgen.  Aufgabe der Provenienzforschung ist es, die Herkunft von einzelnen Objekten oder Sammlungsbeständen wissenschaftlich zu rekonstruieren. In der Washingtoner Erklärung vom 3. Dezember 1998 haben 44 Staaten, darunter die Bundesrepublik Deutschland, zugesagt, unrechtmäßig entzogene Kulturgüter zu identifizieren. Anschließend ist eine faire und gerechte Lösung mit den Vorbesitzern bzw. deren Erben anzustreben. Diese kann beispielweise in der Rückgabe oder einem erneuten Ankauf zu einem gerechten Preis bestehen.

Neben der Zusage von fairen und gerechten Lösungen bekräftigten die Staaten in Washington auch ihre Bereitschaft, finanzielle Mittel für die nötige Provenienzrecherche zur Verfügung zu stellen. Zur Bündelung der finanziellen Förderung und fachlichen Beratung wurde 2015 das „Deutsche Zentrum Kulturgutverluste“ als Stiftung in Magdeburg geründet. Es fördert als Nachfolgerin der bereits 2008 eingerichteten „Arbeitsstelle für Provenienzforschung“ Projekte der Provenienzforschung, so auch das im März begonnene Vorhaben des Bomann-Museums. Weiterhin konstituierte sich zur besseren Koordinierung und Vernetzung der Forschung im Februar 2015 das Netzwerk „Provenienzforschung in Niedersachsen“. Dessen Website informiert regelmäßig über aktuelle Veranstaltungen und bietet den Provenienzforschern aus den einzelnen Museen Gelegenheit, sich in einem internen Bereich über ihre Ergebnisse auszutauschen.

Nachdem die Suche nach entzogenen Kulturgütern sich zunächst auf große Gemäldesammlungen konzentrierte, besteht der Anspruch der aktuellen Provenienzforschung darin, die Herkunft aller Objekte unabhängig von ihrem materiellen Wert zu untersuchen. Zur Identifizierung von verfolgungsbedingt entzogenen Gütern sind sämtliche Objekte zu überprüfen, die vor 1945 gefertigt wurden nach 1933 in den Museumsbestand gelangt sind. Dabei gilt es, zunächst diejenigen Bestände zu identifizieren, bei denen ein solcher Entzug nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden kann. Anschließend ist im Rahmen weiterer Recherchen zu ermitteln, in welchen Fällen sich ein konkreter Verdacht ergibt und ggf. bestätigt. Neben Archivunterlagen können in einigen Fällen auch die Objekte selbst eine wichtige Quelle sein. Jede kleine Notiz oder Inschrift, etwa auf dem Rücken von Gemälden, kann einen entscheidenden Hinweis zur Herkunft liefern. Daher ist auch die Objektobduktion wichtiger Bestandteil der Arbeit eines Provenienzforschers.

Das zweijährige Forschungsprojekt des Bomann-Museums beschränkt sich zunächst auf den Erwerbungszeitraum von 1933 bis 1945, für den allein über 3.000 Objekte zu überprüfen sind. Ein Schwerpunkt wird darin bestehen, mögliche Objektübernahmen von Juden aus Celle zu ermitteln, da der Museumsverein zeitweise 16 jüdische Mitglieder in seinen Reihen hatte. Weiterhin richtet sich der Blick besonders auf die Erwerbungen bei regionalen und überregionalen Kunsthändlern. In den Jahren 1940 bis 1944 erfolgten wiederholt Ankäufe beim Auktionshaus Hans W. Lange in Berlin und beim Dorotheum in Wien, für die sich bereits bei der Vorbereitung des Projekts zum Teil konkrete Verdachtsmomente ergeben haben. Neben der Klärung der Frage, ob sich Objekte unrechtmäßig in der Sammlung befinden, leistet die Provenienzforschung einen wichtigen Beitrag zur Erforschung der Sammlungsgeschichte des Hauses.

Die wesentlichen Ergebnisse werden auf der Website des Museums und der Internetpräsenz des Netzwerks „Provenienzforschung in Niedersachsen“ veröffentlicht. Darüber hinaus wird das Projekt durch eine regelmäßige Pressearbeit begleitet. Zur ausführlichen Darstellung der Ergebnisse ist eine Publikation geplant.

English summary:

The Bomann Museum in Cell, Germany, is starting a two year €123,000 provenance research project funded by the Centre for Lost Cultural Property. The initial work will be on the more than 3,000 items acquired between 1933-1945. One focus will be any works acquired from the Jews of Celle whose museum association included 16 Jewish members. Another will be acquisitions from local and national dealers. Between 1940-1944 the museum made repeated purchases from Hans Lange in Berlin and the Dorotheum in Vienna. The results of the research will be published on the museum's website and on the 'Provenance Research in Lower Saxony Network' site at https://www.provenienzforschung-niedersachsen.de/.

http://celleheute.de/projekt-zur-provenienzforschung-im-bomann-museum/
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