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Ursula Streit ist die Mäzenin des Kunstmuseum Bern - The Patron of the Kunstmuseum Bern is Ursula Streit

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Bluewin 14 January 2015

Die Unternehmerin Ursula Streit ist die Mäzenin, die das Berner Kunstmuseum bei der Aufarbeitung der Sammlung Gurlitt mit einem namhaften Betrag unterstützen will. Die frühere Leiterin des Berner Scherz-Verlags hat sich bereits verschiedentlich als Gönnerin betätigt.

Streit habe als gebürtige Deutsche das Naziregime als Kleinkind am eigenen Leib erfahren, sagte ihr Anwalt, Peter Bratschi, in einem am Mittwoch in der "Berner Zeitung" publizierten Interview.

Seine Mandantin habe sich gefreut, dass Cornelius Gurlitt die Sammlung dem Kunstmuseum Bern vermacht habe, insbesondere weil "Bern dadurch die Gelegenheit erhält, zur Aufarbeitung des Raubkunst-Themas einen wichtigen Beitrag zu leisten", wird Bratschi zitiert.

Der grösste Teil der finanziellen Unterstützung soll in den Aufbau und den Betrieb der Berner Forschungsstelle fliessen. Ein kleinerer Teil dient als Sicherheit, falls unerwartete Kosten auf das Museum zukommen.
Forderungen

Die Mäzenin will das Geld allerdings nur sprechen, wenn "ganz klar ist, wie die Vereinbarung des Kunstmuseums mit Deutschland umgesetzt wird." Aus Bratschis Sicht gibt es noch verschiedene unklare Punkte, etwa im Umgang mit Fluchtgut, also Kunst, die Verfolgte zu einem Spottpreis verkaufen mussten.

Konkret geht es dabei um die Auslegung der sogenannten Washingtoner Prinzipien. Die Übereinkunft verpflichtet die unterzeichnenden Staaten, darunter auch die Schweiz, während der Zeit des Nationalsozialismus beschlagnahmte Werke zu identifizieren und mit den rechtmässigen Besitzern respektive Erben eine faire und gerechte Lösung zu finden.

Allerdings legen nicht alle Länder die Prinzipien gleich aus. Deutschland etwa zählt auch Fluchtgut zur Raubkunst, die Schweiz tat dies bislang nicht. In der Vereinbarung des Kunstmuseum Bern mit Deutschland hingegen wird Fluchtgut auch zur Nazi-Raubkunst gezählt, ein Novum für die Schweiz.

Bei der Umsetzung der Vereinbarung mit Deutschland müssten deshalb auch der Bund und der Kanton Bern Verantwortung übernehmen, sagt Bratschi. Dies sei umso wichtiger, als solche Fragen auch für andere Museen in der Schweiz von Bedeutung sein könnten. Hier brauche es ein klärendes Bekenntnis des Bundes, was nun in der Schweiz gelte.

Seine Mandantin wünsche sich auch ein finanzielles Engagement der öffentlichen Hand, liess Bratschi durchblicken. Dies würde helfen, für die geplante Forschungsstelle weitere Finanzierungsquellen von privater Seite zu erschliessen.
Forderungen

Lange wurde über den Mäzen oder die Mäzenin spekuliert. Dabei fiel auch der Name von Ursula Streit. Der Präsident des Stiftungsrates des Kunstmuseums Bern, Christoph Schäublin, gab sich Ende November noch sibyllinisch und bezeichnete Streit als Freundin des Hauses, die das Museum schon bei anderer Gelegenheit unterstützt habe.

Streit hatte lange Jahre mit ihrem Mann den Berner Scherz-Verlag geführt. Mitte der 1990-er Jahre verkauften die beiden den Verlag. Zwei Jahre vor dem Tod ihres Mannes hatte das Ehepaar eine Stiftung gegründet.

Ursula Streit unterstützte unter anderem auch das vor wenigen Wochen eröffnete Haus der Religionen in Bern mit rund drei Millionen Franken.
Forschungsstelle

Der vergangenen Mai im Alter von 81 Jahren verstorbene Cornelius Gurlitt hatte seine ebenso illustre wie umstrittene Kunstsammlung dem Kunstmuseum Bern vermacht. Zusammengetragen wurde die Kunstsammlung nicht von Cornelius, sondern von seinem Vater Hildebrand, einem bevorzugten Kunsthändler des Nazi-Regimes.

Ein Gutteil der Kunstsammlung steht unter Raubkunstverdacht. Ende November erklärte das Kunstmuseum Bern nach längerer Bedenkzeit Annahme des Erbes. Allerdings nur, weil die mit Raubkunstverdacht belegten Bilder in Deutschland bleiben, wo ihre Herkunft erforscht und sie allfälligen Anspruchstellern zurückgegeben werden sollen.

Das Berner Kunstmuseum wird sich aktiv an der Erforschung der Herkunft der Bilder beteiligen und die Taskforce in Deutschland unterstützen. Konkret will das Museum eine Forschungsstelle einrichten, die mit Geldern von privaten Mäzenen finanziert werden soll.

Diese Stelle müsse neutral und unabhängig sein, betonte Bratschi. Bund und Kanton müssten eine entsprechende Stiftung für die Forschungsstelle gründen. Gleichzeitig warnte Bratschi vor einer "allzu bernischen Zusammensetzung" des Stiftungsrats.

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