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Nazi-Raubkunst im Königsschloss - Nazi-looted art at royal palace

1998
1970
1945
Sächsische Zeitung 21 May 2014

15 Meissener Stücke in Holland sollen den Gründern der Dresdner Bank gehört haben.


Drei Teller aus dem wertvollen Meissener Service des niederländischen Statthalters Wilhelm V., ausgestellt im Rijksmuseum Amsterdam. Wahrscheinlich gehörten sie vor 1934 den Gutmanns.

Bei dem Anruf aus Meißen macht der Amsterdamer Kunst-Detektiv Arthur Brand eine Ausnahme. Eigentlich hatte er sich gestern freigenommen, wollte nicht ans Telefon gehen. Fast ununterbrochen hing er die Tage zuvor am Hörer. Eine niederländische Tageszeitung nach der anderen rief im Büro von Brands Agentur Artiaz an. Für seine Recherchen zum aktuellen Raubkunstfall sei er selbst längere Zeit vor Ort in Meißen gewesen. Den Anruf von der Elbe betrachte er als Auszeichnung, sagt Brand.

In Meißen galt das Interesse des Kunst-Detektivs der Porzellan-Manufaktur. Der Amsterdamer recherchierte dort zu einem 435 Teile umfassenden Geschirr des Statthalters der Niederlande Wilhelm V. von Oranien. Die Niederländische Ostindien Kompanie hatte es dem Fürsten 1774 geschenkt. Angefertigt worden war es zwei Jahre zuvor. 26 ausgewählte Stücke gelangten später in den Besitz von Herbert M. Gutmann, dem Sohn des jüdischen Dresdner-Bank-Gründers Eugen Gutmann.

1934 hätten die Nazis Herbert M. Gutmann gezwungen, das wertvolle Meissener Porzellan zu versteigern. Der Bankier sollte damit angebliche Schulden bei der Dresdner Bank begleichen, sagt Arthur Brand. Neuere Forschungsergebnisse hätten jedoch gezeigt, dass die Nazis dem jüdischen Geschäftsmann die Schulden angehängt hätten, um ihn unter Druck zu setzen. „Die Porzellan-Auktion war eigentlich eine Zwangsversteigerung“, so Brand. Bei den Geschirrteilen aus der Sammlung der Dresdner-Bank-Gründerfamilie Gutmann handele es sich deshalb um Raubkunst.

Brand zufolge haben das holländische Königsschloss Het Loo in Apeldoorn und das Rijksmuseum in Amsterdam in den 1960er- und 1970er-Jahren 15 Meissener Stücke aus dem früheren Gutmann-Besitz von Zwischenhändlern erworben. Porzellankenner schätzen ihren Wert auf bis zu einer halben Million Euro.

Tatsächlich ergibt eine Recherche in den Sammlungen des Rijksmuseums in Amsterdam, dass dort „sieben Teller eines 435 Stücke umfassenden Services des Statthalters Wilhelm V. von Oranien“ registriert sind. Diese zeigten verschiedene holländische Städte und Gebäude sowie Ansichten von Java und Ceylon, heißt es in der Datenbank. Nach Auskunft von Elles Kamphuis aus der Presseabteilung des Rijksmuseums befindet sich das fragliche Meissener seit 50 Jahren im Besitz der Sammlungen. Die Restitutionskommission der Niederlande beschäftige sich derzeit mit dem Fall.

 

http://www.sz-online.de/sachsen/nazi-raubkunst-im-koenigsschloss-2843494.html
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