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Raubkunst bleibt in Oldenburg - Looted art remains in Oldenburg

1998
1970
1945
NWZ Online 17 April 2014
Von Reinhard Tschapke

Zurückgegeben - und gleich wieder zurückgekauft: Das Ausstellungsstück aus der Sammlung des Landesmuseums war während der Nazizeit ins Haus gekommen. Es gehörte ursprünglich einem jüdischen Kunsthändler.


Familie des jüdischen Künsthändlers Mozes Mogrobi (Reihe vorne, zweiter von rechts), ca. 1921/1922


Forscher Marcus Kenzler im Oldenburger Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte mit dem alten Apothekengefäß.

Oldenburg - Alles sah zunächst gut aus. Aber Marcus Kenzler war misstrauisch und forschte weiter. Ja, das alte Apothekergefäß, das auf den ersten Blick wie eine Vase aussieht, war 1942 von dem Kunsthändler Mozes Mogrobi verkauft worden. Und ja: Das Landesmuseum in Oldenburg zahlte im Jahr 1942 dafür mit 600 Reichsmark einen ganz ordentlichen Preis an die Kunsthandlung Mogrobi an der Spiegelgracht in Amsterdam.

Doch dann fängt das dunkle Kapitel dieser Geschichte an: Die Niederlande waren 1942 von deutschen Truppen besetzt, der Kunsthändler war Jude und unter deutsches Kuratel gestellt. Er konnte, so folgerte Kenzler, gar nicht frei über den Erlös aus dem Bildverkauf verfügen. Zwei Jahre darauf, 1944, wurde der 46-jährige Mogrobi in Auschwitz ermordet.

Bereits kurz nach dem Zweiten Weltkrieg gab es Hinweise auf eine belastete Anschaffung des Objekts für die kunstgewerbliches Sammlung des Museums. 1947 leitete die britische Militärregierung ein Verfahren ein. Doch der damalige Chef des Museums, Walter Müller-Wulckow, lehnte empört eine Rückgabe in die Niederlande ab. Alles sei ja rechtmäßig gelaufen, meinte er. Die britische Militärregierung zuckte zurück. Das Verfahren wurde eingestellt.

Das war falsch, sagt Kenzler heute. Der Kunsthistoriker und Provenienzforscher hat seit 2013 in Archiven und Datenbanken gewühlt, um die halbe Welt telefoniert und für lückenlose kunsthistorische Sicherheit gesorgt. In Abstimmung mit der Familie von Mogrobi wurden nun gleich zwei Teile aus dem früheren Bestand des Kunsthändlers gesichert und geklärt.

Eine damals mitgeschenkte Fliese wurde den Erben bereits zurückerstattet. Und das Gefäß, der sogenannte Albarello, darf in der Vitrine in Oldenburg bleiben – gegen eine geringe vierstellige Summe an die Erben, so Thomas Kossendey, Präsident der Oldenburgischen Landschaft. Die gab das Geld für den Rückkauf, der alle zufriedenstellt. Das freut wiederum Museumsleiter Rainer Stamm: „Provenienzforschung gibt es bei uns am Haus seit vier Jahren. Sie wird Teil der Arbeit in deutschen Museen werden.“

Das scheint Deutschland noch nicht ganz klar zu sein, allein in Niedersachsen gibt es gerade mal zwei Stellen (eine in Hannover, eine in Oldenburg), die sich explizit dem Thema Provenienzforschung widmen. Auf Kenzler warten in Oldenburg noch Tausende von Objekten auf die Überprüfung.

Das schöne Objekt, der Albarello, besteht übrigens aus glasierter Keramik. Dergleichen wurde nur bis ins 18. Jahrhundert in Spanien gefertigt und dann in den Niederlanden bemalt. Das ist heute kein exorbitant teures Objekt, kein prominentes Kunstwerk wie aus der Sammlung Gurlitt. Aber es geht, wie alle Beteiligten betonen, vor allem um die historische Gerechtigkeit. Die gilt für Schwabing wie für Oldenburg. Oder für die Kunsthandlung eines Mozes Mogrobi in der Amsterdamer Spiegelgracht.

 

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