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Jetzt führt die Spur von Gurlitt auch nach Berlin - The Gurlitt trail leads to Berlin

1998
1970
1945
BZ 9 March 2014
von Claudia von Duehren

Bei der Frühjahrsauktion wurde in der Villa Grisebach ein Liebermann-Werk aus dem Gurlitt-Besitz versteigert.

Max Liebermann schuf nach dem Ölgemälde "Korbflechter" auch vier Pastelle vom gleichen Motiv

Es ist ein ungeheuerlicher Vorwurf. Jetzt steht auch das renommierte Auktionshaus Villa Grisebach im Verdacht, Nazi-Raubkunst versteigert zu haben. Wie der aktuelle "Spiegel" berichtet, wurde bei der Frühjahrsauktion im Jahr 2000 ein Liebermann-Werk aus dem Besitz der Familie Gurlitt versteigert.

Sicher ist: Ende Mai 2000 wurde in der Fasanenstraße eine Pastell-Arbeit mit dem Titel "Korbflechter" von Max Liebermann für 130.000 Mark an einen israelischen Privatsammler verkauft. Die Berliner Liebermann-Expertin Margret Nouwen bestätigte gestern auf B.Z.-Anfrage: "Das Bild gehörte bis 1954 Hildebrandt Gurlitt, wurde damals sogar öffentlich unter seinem Namen ausgestellt. Der Name Gurlitt löste ja bis zum Bekanntwerden des Münchner Kunstskandals kein Misstrauen aus. Das Bild ging dann in eine Privatsammlung in Baden-Württemberg."

Die Kunsthistorikerin pflegt seit 1996 das Liebermann-Werkverzeichnis, gilt als Kapazität im Bereich von Liebermanns Papierarbeiten. Ihr Archiv war auch für die Villa Grisebach maßgebend bei der Herkunfts-Überprüfung des Bildes. Grisebach-Geschäftsführer Bernd Schultz am Sonntag: "Ich kann mich nach so vielen Jahren natürlich nicht mehr an diese Auktion erinnern. Doch wir lassen immer große Sorgfalt in Bezug auf eventuelle Raubkunst walten. Das Bild wurde sicher über das Liebermann-Werkverzeichnis auf seine Herkunft überprüft."

Trotzdem haftet der Pastell-Arbeit nun der Verdacht der Raubkunst an. Der New Yorker Anwalt David Toren (88) ist sicher, dass die "Korbflechter" seinem Großonkel gehört haben. Toren, Sohn eines jüdischen Anwalts aus Breslau, gelang 1939 die Flucht nach Schweden. Seine Eltern wurden in Auschwitz ermordet. Sein Großonkel David Friedmann, ein jüdischer Zucker- und Spirituosen-Fabrikant, besaß eine große Kunstsammlung. Dazu gehörte auch das Liebermann-Gemälde "Zwei Reiter am Strand" von 1901. Es wurde mit rund 1300 weiteren Bildern bei Cornelius Gurlitt (81) sichergestellt.

Toren hat die Bundesrepublik jetzt zur Herausgabe des Bildes verklagt. Zum Beweis seiner Ansprüche präsentierte er einen Brief vom Dezember 1939. Darin nennt ein Oberregierungsrat Westram im Auftrag des Nazi-Wirtschaftsministeriums unter dem Betreff "Sicherstellung jüdischen Kunstbesitzes" explizit die Liebermann-Werke "Reiter am Strand" und "Korbflechter" aus der Sammlung Friedmann.



http://www.bz-berlin.de/kultur/jetzt-fuehrt-die-spur-von-gurlitt-auch-nach-berlin-article1813580.html
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