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28 Fälle von möglicher NS-Raubkunst im Südwesten

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Reutlinger General-Anzeiger 19 January 2013

Von Oliver Schmale, dpa

STUTTGART. Im Südwesten liegen zahlreiche Anträge auf Rückgabe von NS-Raubkunst vor. An den vier betroffenen staatlichen Museen im Südwesten sind aktuell 28 Restitutionsverfahren anhängig, wie Kunstministerin Theresia Bauer (Grüne) in Stuttgart auf dpa-Anfrage mitteilte. »Wir haben eine historische Verantwortung, Kulturgüter, die den Verfolgten des Naziregimes entzogen wurden, zurückzugeben.« Bei den Anträgen geht es um die Klärung der Frage einer möglichen Herausgabe von Kulturgütern an die Erben früherer jüdischer Eigentümer.

Millionenfacher Mord, Vertreibung und auch Kunstraub - die Verbrechen der Nationalsozialisten gegen die Juden dürfen nie in Vergessenheit geraten.
Millionenfacher Mord, Vertreibung und auch Kunstraub - die Verbrechen der Nationalsozialisten gegen die Juden dürfen nie in Vergessenheit geraten. FOTO: dpa

2012 seien allein neun neue Fälle hinzugekommen. Zusammen mit den neun offenen Fällen aus den Jahren 2010 und 2011 wurden demnach knapp zwei Drittel aller derzeit laufenden Verfahren in den vergangenen drei Jahren eingeleitet. Vor allem in den USA lebende Nachkommen der früheren Eigentümer oder weltweit verstreute Erbengemeinschaften machten Ansprüche geltend. Zumeist gehe es um Gemälde, berichtete das Ministerium weiter. Ansprüche werden demnach beispielsweise auf das Gemälde »Kleine blaue Pferde« von Franz Marc sowie die »Barfüßerkirche in Erfurt« von Lionel Feininger angemeldet, die beide in der Staatsgalerie in Stuttgart beheimatet sind.

14 Restitutionsfälle konnten seit 2002 abgeschlossen werden. Dabei wurden Gemälde, eine Holzfigur, ein Holzrelief sowie eine Tischuhr zurückgegeben. In drei Fällen wurde mit den Erben eine Vereinbarung erzielt, das Kunstwerk im jeweiligen Museum zu lassen. Bauer sagte: »Es ist unser Anliegen, Gerechtigkeit herzustellen, soweit uns das in diesen Zusammenhängen noch möglich ist.«

In Baden-Württemberg waren oder sind vier Museen aufgrund ihrer zum Teil umfangreichen Sammlungsbestände von Restitutionsanfragen betroffen. In Stuttgart sind das die Staatsgalerie und das Landesmuseum Württemberg, in Karlsruhe sind es die Staatliche Kunsthalle und das Badische Landesmuseum. Außerdem gebe es einen einschlägigen Fall bei der Gemeinde Burladingen.

Mit der Rückgabe von Nazi-Raubkunst befassen sich unter anderem drei Expertinnen an den vier staatlichen Museen des Landes. Nachdem die bislang hälftige Finanzierung der Stellen durch den Bund 2012 auslief, werden die Ausgaben für die drei Stellen nun vollständig vom Land getragen. Bauer betonte, ein Teil der Fälle sei erst durch die eigenen Forscherinnen möglich geworden. Die Überprüfung der Ansprüche kann sich in die Länge ziehen: Oft sei detektivische Kleinarbeit mit großem zeitlichen Aufwand zu leisten. Da es in der Regel um wertvolle Kunstgegenstände gehe, gelte für die Lösung dieser Fälle der Grundsatz »Gründlichkeit vor Schnelligkeit«.

Die Rückgabe von Raubkunst stützt sich auf die von Deutschland und anderen Staaten unterzeichnete »Washingtoner Erklärung« über »Kunstwerke, die von den Nationalsozialisten beschlagnahmt wurden«. (dpa)
http://www.gea.de/nachrichten/kultur/28+faelle+von+moeglicher+ns+raubkunst+im+suedwesten+.2985686.htm
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