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Title

Die Bilder sind unter uns. Das Geschäft mit der NS-Raubkunst und der Fall Gurlitt

Author

Stefan Koldehoff

Date

April 2014

Description

 

Verlag Galiani Berlin
ca. 300 pages
Euro 14,99 (D) / sFr 21,40 / Euro 15,50 (A)
ISBN 978-3-86971-093-8

The publisher's description is set out below, with a review from the Berliner Zeitung underneath.

Das Standardwerk über das Geschäft mit NS-Raubkunst

Gurlitt und die Folgen: Deutschland steckt bis heute voller Raubkunst, der Handel damit floriert. Stefan Koldehoff liefert eine umfassende Bestandsaufnahme.

Der Fall Gurlitt hat es jüngst wieder gezeigt: Der Umgang mit Nazi-Raubkunst in der Bundesrepublik Deutschland ist bis heute ein Skandal. Albert Speer und andere NS-Größen verkauften nach 1945 ganz ungeniert über den deutschen Kunsthandel fragwürdige Gemälde; deutsche Museen horten noch immer Tausende einstmals enteigneter oder zu Spottpreisen abgepresster Bilder; Raubkunstbestände, die nach dem Krieg im Besitz der Bundesrepublik blieben, wurden nie an ihre rechtmäßigen Besitzer oder deren Erben restituiert. Der Gesetzgeber hat es verpasst, das Kapitel »Raubkunst« anzugehen.

Schlimmer noch: Eine unheilige Allianz aus unzureichenden Gesetzen, Raubgutbesitzern ohne Unrechtsbewusstsein, Händlern, Museen, Auktionshäusern und Galeristen sorgt bis auf den heutigen Tag dafür, dass immer noch mit Bildern aus NS-Raubgut gehandelt wird.

Stefan Koldehoff hat 2009 ein »ausgezeichnet recherchiertes und geschriebenes« (Götz Aly) Standardwerk über die NS-Raubkunst und den skandalösen Umgang mit ihr geschrieben. Das Buch wurde hoch gelobt, keines der darin geschilderten Probleme jedoch gelöst. Jetzt liegt das Buch, aktualisiert, auf den neuesten Stand gebracht und um ein ausführliches Kapitel zum Fall Gurlitt erweitert, wieder vor. Es hat an Dringlichkeit nicht verloren, sondern nur noch gewonnen.

Stefan Koldehoff

Stefan Koldehoff, geboren 1967, ist Kulturredakteur beim Deutschlandfunk in Köln und schreibt unter anderem für Die Zeit und die FAZ. 2008 wurde er f ür seine investigativen Recherchen mit dem puk-Journalistenpreis ausgezeichnet. 2012 veröffentlichte er gemeinsam mit Tobias Timm Falsche Bilder, echtes Geld zum Fall Beltracchi. Das Buch wurde mit dem Prix Annette Giacometti und dem Otto-Brenner-Preis ausgezeichnet.


Review
of the book by Harry Nutt, published in the Berliner Zeitung on 4 April 2014 at http://www.berliner-zeitung.de/meinung/buchtipp-gurlitt-ist-kein-einzelfall,10808020,26753046.html

Gurlitt ist kein Einzelfall
Von Harry Nutt


Stefan Koldehoff

In seinem neu aufgelegten Buch über das perfide Kunstraub-System der Nazis führt Stefan Koldehoff aus, warum die Aufarbeitung dieses düsteren Kapitels der Kunstgeschichte noch aussteht.


Es war das plötzliche Aufeinanderprallen skurriler Gegensätze, das die Geschichte des Bildererben Cornelius Gurlitt s zu einem bizarren Gesellschaftsdrama steigerte. Wie der Zwerg Alberich schien da einer auf einem „Milliardenschatz“ zu hocken in der Hoffnung, das Geheimnis der Bilder mit ins Grab nehmen zu können. Die journalistische Jagd auf den Mann, der doch nur das vermeintliche Erbe seines Vaters verwaltete, trug einiges dazu bei, die wundersame Entdeckung als abenteuerliche Wiederkehr des Verdrängten zu verstehen.

Dabei ist nicht nur die Geschichte Gurlitts voller Widersprüche. Fragen wirft auch die allgemeine Verblüffung auf, in der das Auftauchen so vieler möglicherweise von den Nazis geraubter Kunstwerke wahrgenommen wurde. Warum konzentrierte sich die Erregung auf diesen einen Mann? fragt der Raubkunstexperte Stefan Koldehoff in seinem neu aufgelegten und um den Fall Gurlitt ergänzten Buch „Die Bilder sind unter uns“. „Warum fragt niemand nach der kollektiven gesellschaftlichen Verantwortung dafür, dass auch fast sieben Jahrzehnte nach Kriegsende noch Holocaust-Opfer nach ihrem Besitz suchen und um Rückgabe betteln müssen, dass der Nachfolgestaat der Hitler-Diktatur ihnen dabei aber nicht durch Gesetze und Vorschriften effektiv hilft?“

Lange vor der Entdeckung des „Schwabinger Milliardenschatzes“ hat Koldehoff durch seine Recherchen darauf hingewiesen, dass es sich bei den oft komplizierten Auseinandersetzungen um die Rückgabe von NS-Raubkunst keineswegs um Einzelfälle handelt. In unzähligen Wohnzimmern, so Koldehoff, hängen Bilder über den Sofas, die während der NS-Diktatur auf sogenannten „Judenauktionen“ als deutlich gekennzeichneter „nichtarischer Besitz“ ganz bewusst weit unter Wert verkauft worden waren.

Koldehoff beschreibt das perfide System, mit dem sich die Nazis jüdischen Besitz aneigneten und den Handel mehr oder weniger legal erscheinen ließen. Doch der Schwindel und die Vertuschungen hörten nach 1945 nicht einfach auf. Am Fall des Frankfurter Museumsdirektors Ernst Holzinger, der nachweislich aktiv an den Plünderungen jüdischer Sammlungen beteiligt war, zeigt Koldehoff, dass einer wie Holzinger der Loyalität seiner Kollegen und Nachfolger gewiss ein konnte. In Frankfurt, schreibt Koldehoff resigniert, gilt Holzinger nach wie vor als selbstloser Förderer der öffentlichen Museen.

Schon jetzt zeigt sich, dass der Fall Gurlitt eine neue Dynamik in die Raubkunst-Debatte gebracht hat. Doch noch immer ist die Bereitschaft vieler Museen gering, die Erforschung der eigenen Sammlungen systematisch anzugehen. Eine Lex Gurlitt, wie sie wohlfeil nach Entdeckung der Bilder gefordert wurde, ist für Koldehoff keine Lösung. Er schlägt die Einrichtung einer Stiftung vor, die zu unkonventionellen Lösungen in der Lage ist, wenn der Rechtsweg bereits erfolglos abgeschritten ist.

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